Stimmung und Fakten – Gastkommentar Kurier

Wir erleben derzeit die gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch größten Herausforderungen seit der Wiederaufbauphase nach dem 2. Weltkrieg. Das dritte Jahr der Pandemie, der Krieg in Europa, die Explosion der Energiepreise sowie die insgesamt höchste Inflation seit Juli 1952, die Klimakrise und die derzeit auf einen neuen Höchststand zustrebende illegale Migration – all diese Krisen und die Unsicherheit über die Zukunft erzeugen selbstverständlich eine negative Stimmung in der Bevölkerung.

All dies schlägt sich in der Unzufriedenheit mit der Regierung nieder, obwohl die Regierung vieles nicht lösen kann – wie den Krieg in der Ukraine oder die Explosion der Energiepreise am Markt, mit allen damit verbundenen Turbulenzen. Wenn aber nach den Meinungsumfragen die Bundesregierung nur mehr eine Zustimmung von etwa einem Drittel der Bevölkerung hat, ist offensichtlich, dass sie als Prügelknabe für all diese Krisen herhalten muss. Denn in Krisenzeiten, wenn es den Menschen schlechter geht, ist die Unzufriedenheit immer größer. Österreich ist da keine Ausnahme, dass zeigt schon ein Blick nach Deutschland mit einer ganz anderen Regierungsform.

Da helfen auch noch so großzügige finanzielle Unterstützungen wie in der Pandemie oder bei den Energiepreisen (an zweiter Stelle in der EU!) nicht. Im Gegenteil: obwohl bei der herrschenden Vollkasko-Mentalität jeder diese Unterstützungen gerne annimmt, gibt es schon Kritik, dass für einen Teil der Österreicher die höchste Inflation seit 70 Jahren kein Problem, sondern ein Geschäft sei.

Der negativen Grundstimmung steht eine Performance der Bundesregierung gegenüber, die sich durchaus sehen lassen kann. Es werden Reformen umgesetzt, die seit Jahrzenten gefordert wurden, zum Beispiel in der Steuerpolitik. Mit der ökosozialen Steuerreform erfolgt ein Systemwechsel. Erstmals rücken Klimaschutz und Nachhaltigkeit ins Zentrum der Finanzpolitik mit der notwendigen Balance zwischen Klimaschutz und Stärkung des Wirtschaftsstandortes. Ähnlich die Abschaffung der kalten Progression, die es gibt, seit es eine Einkommenssteuer gibt und die dem Finanzminister ein jährliches Körberlgeld von hunderten Millionen verschafft hat. Beides zusammen, ökosoziale Steuerreform und Abschaffung der kalten Progression, wird die Österreicher in den nächsten fünf Jahren um fast 50 Milliarden Euro entlasten!

Auch die jahrzehntelang geforderte Anpassung der Sozialleistungen wird jetzt umgesetzt. Die künftig jährlich automatische Anpassung der Familienbeihilfe ist ein Meilenstein. Das zeigt auch, dass die Regierung mutig an die Reformen herangeht, denn die Einnahmendynamik durch Abschaffung der kalten Progression zu verringern und gleichzeitig die Ausgabendynamik bei den Sozialleistungen zu erhöhen ist durchaus mutig.

Natürlich werden diese Reformen, auch weil es mehrere zugleich sind, die Menschen zunächst überfordern und eine gewisse Sickerzeit brauchen, bevor sie beim Bürger ankommen. Wir sollten aber bei all den Krisen, die wir derzeit durchmachen, optimistisch sein. Die große Differenz zwischen Stimmung und Fakten wird zugunsten der Fakten geringer werden.

Jetzt schon ist die volkswirtschaftliche Lage wesentlich besser als die Stimmung.

Dr. Günter Stummvoll

Sprecher Initiative Standort