Chance auf Top Ten lebt!

Die österreichische Wirtschaft hat durch Corona den stärksten Einbruch in der zweiten Republik erfahren, es ist die schlimmste Rezession der Nachkriegszeit. Die Arbeitslosenzahlen haben trotz eines massiven und noch nie dagewesenen Einsatzes der Kurzarbeitsunterstützung einen historischen Höchststand erreicht. Erschwert wird die Lage dadurch, dass Österreich ein klassisches Tourismus- und Exportland ist und daher unser wirtschaftliches Comeback auch sehr stark von der Internationalen Entwicklung abhängt, nämlich wie rasch erholen sich unsere Exportmärkte und Touristen-Herkunftsländer. Das Problem ist außerdem ein doppeltes: die Einbrüche sind sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Insgesamt ist es „eine historische Herausforderung“ (WIFO, Prof. Badelt) für die Wirtschaftspolitik.

Die massiven Liquiditätshilfen der Bundesregierung, die fast doppelt so hoch sind wie im EU-Schnitt, waren und sind zur Sicherung der Liquidität der Betriebe alternativlos. Was es aber jetzt für einen nachhaltigen Aufschwung braucht, sind eigenkapitalstärkende Maßnahmen. Denn die jahrelange steuerliche Diskriminierung des Eigenkapitals gegenüber dem Fremdkapital wirkt sich gerade in einer Krise fatal aus und wird ohne Gegenmaßnahmen noch zu vielen Firmenzusammenbrüchen führen.

Investitionsgetriebene Wachstumsstrategie

Für ein Comeback der Wirtschaft braucht es eine investitionsgetriebene Wachstumsstrategie mit einer umfassenden Offensive bei Digitalisierung, Technologie, Innovation und Klimaschutz. Die Investitionsprämie war goldrichtig und wird nach derzeitigem Stand ein Investitionsvolumen von rund 30 Mrd. Euro bewirken. Sie stellt geradezu ein Erfolgsmodell dar, weil wir uns aus der Krise herausinvestieren müssen.

Eine nachhaltige Wachstumsstrategie brauchen wir vor allem für den Arbeitsmarkt, um die Arbeitslosigkeit zu senken, neue Jobs zu schaffen und etappenweise aus der Kurzarbeit herauszukommen. Die Kurzarbeit war in der Krise sehr wertvoll, aber auf Dauer kann man die Kräfte der Marktwirtschaft nicht aus dem Spiel nehmen und Gewöhnungseffekte an staatliche Eingriffe wären gefährlich. Eine zu lange Kurzarbeit könnte auch verhindern, dass neue produktive Arbeitsplätze entstehen.

Wir brauchen dieses Herausinvestieren aus der Krise aber auch für eine Senkung der Schuldenquote. Denn neue Steuern zur Senkung der Schulden wären Gift für die Wirtschaft und der Tod für den Aufschwung. Daher kann ein Abbau der Schuldenquote nur über eine Erhöhung des Sozialprodukts erfolgen.

Eigenkapitalstärkung und Qualifizierungsoffensive

Die Wachstumschancen bei Digitalisierung, Technologie, Investitionen, Innovation und Klimaschutz brauchen aber Kapital, und zwar Risikokapital, das heißt Eigenkapital. Ein Maßnahmenpaket für eine Eigenkapitalstärkung muss die Abschaffung der steuerlichen Diskriminierung des Eigenkapitals durch Einführung fiktiver Eigenkapitalzinsen enthalten. Auch die Schaffung eines Investmentfonds für Risikokapital nach österreichischem Recht, vor allem für KMU und Start-Ups ist dringend notwendig. Private Equity-Fonds, wie zum Beispiel von Raiffeisen oder der Erste Bank, sind eine wichtige Eigeninitiative der Wirtschaft, doch wird es ohne umfassende gesetzliche Fundierung nicht gehen, um den absurden Zustand zu beenden, dass Milliarden unverzinst in der Landschaft herumliegen (jährlicher Verlust für die Sparer ca. 5 Mrd. Euro), aber den Betrieben das dringend notwendige Eigenkapital fehlt. Zur Belebung des Kapitalmarktes muss auch die steuerliche Behaltefrist für Aktien wieder eingeführt werden, um zwischen kurzfristiger Spekulation und nachhaltigen Finanzanlagen zu unterscheiden. Zur Eigenkapitalstärkung wirtschaftlich gesunder Betriebe ist auch eine zeitlich befristete Beteiligung der öffentlichen Hand an gesunden Betrieben ohne Eingriffe in die Unternehmensführung (z.B. stille Beteiligung) durchaus akzeptabel. Die Betonung liegt dabei auf Freiwilligkeit und wirtschaftlich gesunden Betrieben, es darf keine künstliche Lebensverlängerung maroder Betriebe sein. Auch die im Regierungsprogramm vorgesehene Senkung der Körperschaftssteuer auf 21% ist eine wichtige Zukunftsperspektive für die Wirtschaft.

In den genannten Maßnahmen liegt eine große Chance: wenn jetzt die Weichen in Richtung einer nachhaltigen Wachstumsstrategie richtig gestellt werden, haben wir alle Chancen, dass Österreich im Ranking der wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsnationen (IMD-Competitiveness Report) vom derzeit 16. Platz in die Top Ten vorstößt. Denn Österreich als kleines Land im Herzen Europas mit einem tollen Humankapital hat alle Chancen dieser Welt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Dies bestätigt auch das aktuelle Bloomberg Innovation Ranking von Anfang Februar 2021 wo Österreich erstmals unter den Top Ten liegt.

Dazu müssen aber auch Bremsen im Bereich der Bürokratie gelöst werden, die Effizienz der Verwaltung gehoben werden und die überfälligen Strukturreformen im Bereich Bildung, Föderalismus und Gesundheit durchgeführt werden. Da liegen Milliardensummen drinnen, sagt zum Beispiel Arbeitsminister Kocher.

Das Ziel Top Ten zu werden braucht aber auch eine nationale Kraftanstrengung für eine umfassende Weiterbildung, Neu-Qualifizierung und lebenslanges Lernen. Denn ohne qualifizierte Fachkräfte wird es kein nachhaltiges Wachstum geben. Schon heute sind in manchen Branchen fehlende Fachkräfte eine Wachstumsbremse und das wird sich bei dem Wirtschaftsaufschwung verstärken. Das Arbeitsmarktservice muss betriebsnahe Schulungen für Mangelberufe ausbauen, die Lehre muss forciert werden und die Mobilität von Lehrlingen am Arbeitsmarkt muss erhöht werden. Dazu wäre der Vorschlag aus der Industrie für regionale Lehrlings-Hubs umzusetzen. Umschulung, Weiterqualifizierung und neue, sowie moderne Berufsbilder müssen integraler Bestandteil einer Wachstumsstrategie sein. Die Corona-Joboffensive im Umfang von 700 Millionen Euro ist hier ein ganz wichtiger Beitrag. Die Kurzarbeit bietet zusätzliche Möglichkeiten, nämlich die ausfallende Zeit für Weiterbildung zu nutzen.

Die Herausforderungen im Jahr 2021 sind gewaltig, aber die Chance auf die Top Ten lebt!