Anforderungen der Initiative Standort an die nächste Bundesregierung

12 Punkte „Wir wollen Top Ten werden“

Anforderungen an die nächste Bundesregierung

Wirtschaftsstandort heißt Arbeitsplätze, Einkommen und soziale Sicherheit. Nur ein konkurrenzfähiger Wirtschaftsstandort sichert Lebensqualität , Wohlstand und Beschäftigung. Im weltweiten Standortranking (IMD Lausanne) liegt Österreich derzeit an 18. Stelle. Wir haben aber zweifellos das Potential, Top Ten zu werden, wenn die politischen Rahmenbedingen stimmen.

Dazu gehört:

Klares Bekenntnis der Bundesregierung zu Leistung, Eigenverantwortung und Eigentum. Leistungsgerechtigkeit kommt vor Verteilungsgerechtigkeit, denn ohne Leistung kann nichts verteilt werden. Setzen von Leistungsanreizen im Arbeits- und Sozialrecht. Wegkommen von einer Versorgungsmentalität hin zu Hilfe zur Selbsthilfe.
Förderung des Eigentums als Grundpfeiler einer freien Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung, etwa durch Reformen im Steuerrecht, beim Wohnbau (Wohnungs- u. Hauseigentum) und im Mietrecht. Ende der Neiddebatte.

Nachstehend schwerpunktmäßig die 12 wichtigsten Weichenstellungen für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich. Sie werden durch zahlreihe detaillierte Vorschläge der Mitglieder der Initiative Standort ergänzt.

  1. Bürokratieabbau
    Überbordende Bürokratie und Regulierungswahn sind Wachstumsbremse Nummer 1, gefährden Wettbewerbsfähigkeit und damit Betriebe und Arbeitsplätze. Notwendigkeit des Bürokratieabbaus gibt es in allen Bereichen – von der Verwaltung bis zum Wirtschaftsrecht, vom Umwelt- bis zum Arbeits- und Arbeitnehmerschutzrecht. Schutz Ja, Bürokratie und Schikane Nein. Vermeiden von Golden Plating.
  1. Senkung der Steuer- und Abgabenquote und Vereinfachung der Steuergesetzgebung
    Wir müssen wegkommen von der fünfthöchste Steuer- und Abgabenquote in der EU (42,6%) Wie von der früheren Bundesregierung avisiert, soll die Steuer- und Abgabenquote auf 40 Prozent gesenkt werden: Zur Nachhaltigkeit einer Tarifsenkung muss die seit Jahren angekündigte Abschaffung der kalten Progression umgesetzt werden. Auch die fünfthöchsten Abgaben in der EU auf Unternehmensgewinne müssen durch die Senkung der KöSt in Richtung 19 % (und äquivalente Entlastung für Personengesellschaften) reduziert werden. Finanziert durch Strukturreformen auf der Ausgabenseite und Realisierung von Effizienzpotenzialen (s. Punkt 7) und Durchforstung sowie Kürzung von Förderungen. (Laut Transparenzdatenbank derzeit 593 Leistungsangebote des Bundes und 1828 der Länder – insgesamt 5 % des BIP).
    Zur Vereinfachung und zur besseren Überschaubarkeit des Steuerrechts und der Lohnverrechnung Neukodifizierung des Einkommenssteuergesetzes mit nur mehr drei Einkunftsarten (unselbständig, selbständig, Finanzeinkommen) und Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlagen sowie Reduktion der Beitragsgruppen.
  1. Senkung der Lohnnebenkosten
    Lohnnebenkosten sind im internationalen Vergleich zu hoch und daher ein Wettbewerbsnachteil, zum Beispiel in Österreich 47,4% und im OECD-Durchschnitt 35,9%. Dies ist standortschädlich. Daher Absenkung zumindest auf deutsches Niveau (43 %) dringend notwendig. Finanziert durch Realisierung der Effizienzpotenziale in der Sozialversicherung (siehe Rechnungshofberichte).
  1. Mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der Arbeitswelt
    Entbürokratisierung im Arbeits- und Arbeitnehmerschutzrecht. Statt antiquierter, starrer Regelungen praxisorientierte betriebsindividuelle Gestaltungsmöglichkeiten, um Wachstumschancen zu nützen. Orientierung an der EU – Arbeitszeitrichtlinie: keine Höchstarbeitszeiten pro Tag, sondern Mindestruhezeiten. Entkriminalisierung des Unternehmers zum Beispiel im Arbeitnehmerschutz, Durchforsten von Vorschriften, Abgehen vom Kumulationsprinzip
  1. Initiative gegen Fachkräftemangel
    Die Behebung des Mangels an qualifizierten Fachkräften wurde zu einer zentralen standortpolitischen Herausforderung. In wichtigen Wirtschaftsbereichen vor allem in der Industrie ist der Fachkräftemangel heute eine spürbare Wachstumsbremse.Bei den Maßnahmen geht es im Hinblick auf die raschen Veränderungen in der Arbeitswelt um neue Berufsbilder und die Evaluierung der bestehenden alle 5 Jahre. Das Modell „Lehre nach Matura“ soll ausgebaut werden. Verstärkte Anstrengungen sind im MINT-Bereich notwendig, dafür auch mehr Mittel für Fachhochschulen und sonstige Ausbildungseinrichtungen. Die Anwerbung von Fachkräften aus dem EU-Raum durch die Austrian Business Agency muss verstärkt werden.
  1. Anreize für Investitionen und Innovationen
    Wachstumsimpulse erfordern Investitionen. Österreich ist hier in den letzten 10 Jahren im internationalen Vergleich zurückgefallen. Die Netto-Investitionsquote ist laut einer WU-Studie in den letzten 15 Jahren von 13,5% auf 5,2% gesunken, dh um mehr als 60 Prozent.
    Erst im Jahr 2015 erreichten die Bruttoanlageinvestitionen wieder das Niveau von 2008 und steigen jetzt. Aber Investitionsanreize sind dringend notwendig – für Forschung, Innovation, Digitalisierung, Infrastruktur (ua Breitband). Das Instrumentarium reicht von flexiblen Abschreibungsmodellen über Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns, Investitionsfreibeträgen (zB 30%) und Verlustvortrag bis zur Forschungsprämie und einem Beteiligungsfreibetrag für Privatinvestoren. Mittelfristig Erhöhung der Forschungsquote in Richtung 4 %.
    Laut European Innovation Score Board 2019 ist Österreich bei Innovationen gut unterwegs. (Platz 9 – 2017). Dennoch müssen Forschungsstrukturen effizienter gestaltet, wirkungsvolle Instrumente zur Förderung von Forschung und Entwicklung sichergestellt, und der Wissenstransfer verbessert werden. Außerdem Stärkung von Innovations- und Wertschöpfungsketten von der Idee bis zum Markt. Außerdem schnellere Genehmigungsverfahren und Verfahrenserleichterungen für Großvorhaben.
  1. Staatsfinanzen in Ordnung bringen
    Die hohe Steuer- und Abgabenbelastung sowie die hohe Staatsverschuldung sind nicht dadurch verursacht, dass so viel in die Zukunft investiert wird, sondern dass weite Bereiche des öffentlichen Sektors ineffizient organisiert sind. Das gilt vor allem für Verwaltung, Bildung, Gesundheit und Soziales. Bei der Effizienz des öffentlichen Sektors liegt Österreich im IMD-Ranking nur auf Platz 32 unter 63 Ländern.
    Für die Zukunft Schuldenbremse in der Verfassung, um Staatsverschuldung in Etappenplan auf Maastricht-Niveau von 60% zu bringen, denn Schulden sind verbrauchte Zukunft. Vorschläge gibt es zur Genüge, von Rechnungshof, Wifo, OECD, IWF, ua. Laut EcoAustria würden allein Best-Practice-Modelle bei den Bundesländern für Verwaltung, Gesundheit, Bildung, ua ein Einsparungspotenzial von 5 Mrd. pa bedeuten.
  1. Kapitalmarkt stärken
    Notwendig ist vor allem ein „Klimawandel“ für Börse und Banken. Anerkennung der Börse als wichtige Finanzierungsquelle von Eigenkapital, sie ist keine Spekulationsplattform. Investoren stellen der Wirtschaft dringend benötigtes Eigenkapital für die Finanzierung von Arbeitsplätzen zur Verfügung, sie sind keine Spekulanten. Daher Ablehnung der in der EU diskutierten Aktiensteuer, sie wäre völlig kontraproduktiv.
    Auch die Banken dürfen kein Feindbild sein, sie sind für den finanziellen Blutkreislauf der Wirtschaft unentbehrlich und wertvoll.
    In diesem Sinne in der Schule Bildung über Finanzen und Kapitalmarkt notwendig. Mitarbeiterbeteiligung fördern (Erhöhung des Freibetrags)
  1. Pensionsreform
    Ein faktisches Pensionsantrittsalter bei den Alterspensionen wie in Deutschland (64,1 Jahre statt 61,7 Jahre bei uns) würde den Bundeshaushalt um rund 3 ,4 Mrd. Euro jährlich entlasten. Deutschland ist wegen des späteren Pensionsantrittsalters nicht weniger sozial. Die politische Botschaft darf aber nicht lauten: „Ihr müsst länger arbeiten“, sondern „Die Politik wird alles tun, damit ihr länger arbeiten könnt“. Dies ist eine Herausforderung an die Bildungs- und Qualifikationspolitik, die Gesundheitspolitik, die Arbeitsmarktpolitik und die Einkommenspolitik (Anpassung der Lebenseinkommenskurve an die Lebensleistungskurve)
  1. Zukunftsthema Bildung
    In der Bildungspolitik besteht dringender Handlungsbedarf. Der Fokus der Reformbemühungen muss auf einer deutlichen Steigerung der Bildungsqualität in der Grundbildung von 4-14 Jahren liegen. Dazu braucht es eine Aufwertung der Elementarbildung, eine echte Autonomie der Schulen, zeitgemäße Inhalte, Maßnahmen gegen die soziale Selektion und die Einführung einer Bildungspflicht statt der derzeitigen Schulpflicht. Wirtschaftsbildung muss Teil der Allgemeinbildung werden!
    Auszubauen sind auch die Stärken der beruflichen Bildung auf allen Qualifikationsniveaus und auch die Weiterentwicklung des tertiären Bildungssektors muss konsequent fortgeführt werden. Stärkung der HTL, mehr Fokus auf die MINT-Fächer und Forcierung der Digitalisierung im Bildungssystem. Für die österreichischen Hochschulen braucht es eine Gesamtstrategie, verbesserte finanzielle Rahmenbedingungen, intensivierte Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sowie die Sicherstellung von qualifizierten Nachwuchs für den Standort Österreich.
  1. Leistungsfähige Infrastruktur
    Die Wettbewerbsfähigkeit eines Wirtschaftsstandortes hängt im hohen Maße auch einer leistungsfähigen Infrastruktur ab. Dabei ist die Forcierung von Schlüsseltechnolegen, insbesondere die digitale Technologie von eminenter Bedeutung. Dies erfordert eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Breitband-Internet.
    Wichtige Infrastrukturprojekte dürfen nicht durch bürokratische und langwierige Genehmigungsverfahren über Gebühr verzögert werden. Daher ist eine Verankerung der Staatszielbestimmung Wirtschaftsstandort in der Verfassung dringend geboten.
  1. Klimaschutz und Energie
    Klimaschutz wird immer mehr zu einem prioritären Anliegen unserer Gesellschaft. Diese Herausforderung ist eine globale und darf den Wirtschaftsstandort Europa bzw. Österreich nicht gefährden. Denn es wäre sowohl ökologisch als auch ökonomisch unsinnig, durch hohe Umweltauflagen Produktionsbetriebe aus Europa bzw Österreich zu vertreiben, die dann in Ländern mit geringeren Auflagen (zB China,USA) höhere Treibgas-Emissionen verursachen. Dies wäre ein doppelter Schaden: Verlust von Arbeitsplätzen und Klimaschädigung.
    Ein effizienter Klimaschutz muss auf höchstes technisches Know-how und moderne Technologie setzen. Dazu ist ein vermehrter Mitteleinsatz für Forschung und Innovation notwendig.
    Einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet eine ökologisch orientierte Energiepolitik. Dazu sind ua gesteigerte Investitionen in Energieforschung und erneuerbare Energiequellen notwendig.

Wien, im September 2019

Dr. Günter Stummvoll